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Nummer 17 lebt. llama racing beim veloheld CCC 4.3

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Wo bitte geht’s zum Rennen?

Viertel vor 12 stellte ich den Motor auf dem in der Karte angegebenen Parkplatz in Dresden ab. Und da war ich nicht der Erste. Ein paar wenige Autos waren schon da, ein paar Räder lehnten schon aufgebaut an den Kofferraumklappen. Allesamt bekannte Gesichter aus den früheren Rennen der veloheld Querfeldein-Serie dieser Saison.

Eigentlich hätte ich gar nicht hier sein können. Eigentlich sollte ich in diesem Moment auf Skiern durch Tiefschnee pflügen bzw. drin liegen sollen, bei meinem ersten (privaten) Freeride-Skikurs. Leider platzten diese Pläne kurzfristig. Schade zwar, aber nicht zu ändern. Dann eben doch zwei Räder anstatt zwei Bretter. Und so stand ich dann da auf dem Parkplatz.

Mein Blick schweifte nach oben. Das Wetter würde auch beim letzten Rennen der Serie kein Winterfeeling aufkommen lassen, so viel war klar. Aber immerhin war es nicht sonnig und die Temperaturen lagen noch im einstelligen Bereich. Ich holte mein Rad aus dem Auto, montierte das Vorderrad, dank Scheibenbremsen übrigens ein Kinderspiel, und warf mich in meine Rennkluft.

Als erste Schicht trage ich einen Merino Mesh Baselayer von Rapha. Das Teil sieht zunächst komisch aus, weil es ziemlich durchsichtig ist, aber es handelt sich ja um ein Unterhemd, und das trägt man für gewöhnlich selten als einziges Kleidungsstück. Ich hatte nun ziemlich viel Gelegenheit, es auf Herz und Nieren zu testen. Es deckt einfach einen fantastisch weiten Temperaturbereich ab (Viel weiter, als das Netzgewebe vermuten lässt). Wenn es kälter wird, kann man einfach noch einen winddichten Baselayer drüberziehen und schon kann man bei 3 Grad sein teures Cross Jersey sichtbar spazieren fahren, ohne dabei zu erfrieren.

Der Parkplatz füllte sich immer weiter. Ich war fertig, und da sonst niemand Anstalten machte, sich auf sein Rad zu setzen, wollte ich mir auch nicht die Blöße geben, auf jemanden zu warten. Deshalb demonstrierte ich souverän ein wenig Unabhängigkeit und setzte mich in Richtung Rennstrecke in Bewegung.

Als ich vom Parkplatz in das Waldstück abbog (nach etwa 40 Metern Fahrt), gabelte sich der Weg zum ersten Mal. Unauffällig schaute ich mich um, ob nicht doch noch jemand gerade losgefahren war. So hätte ich geringfügige technische Probleme vortäuschen und mich dann hinten dran hängen können, denn ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, welchen Weg ich nehmen musste. Natürlich kam niemand.

Also wartete ich. So lange, bis endlich jemand kam, an den ich mich hängen konnte und der mich dann schlussendlich ohne Umschweife zur Rennstrecke führte.

Als wir im Startbereich anlangten, suchte ich mir einen strategisch günstigen Platz, an dem ich Rad und Gepäck abstellen konnte, sagte Hallo und holte mir, wie auch in den anderen Rennen zuvor, die Startnummer 17 ab.

Da lacht er: Weg doch gefunden.

Vorher und überhaupt und so.

Ich befestigte die Startnummer an meinem Trikot (die Sache mit den vergessenen Sicherheitsnadeln ist mir übrigens kein zweites Mal passiert) und machte mich daran, die Strecke zu besichtigen.

Am Eingangshindernis, der klassischen Hürde, schlich ich mich diskret vorbei. Zum Einen, weil ich sowieso von dort aus startete, hauptsächlich allerdings, weil ich nach wie vor nicht in der Lage bin, einigermaßen elegant und verletzungsfrei auf mein Querfeldeinrad zu springen. Ich stieg also betont lässig auf das Rad und fuhr gemächlich los.

Nach etwa 30 Metern spannte sich Flatterband quer über den Weg und ließ nur einen Schluss zu: Hier gehts links ins Unterholz. Ich hielt erst einmal an und versuchte, den Weg auszumachen. Was ich sah, waren Bäume und noch mehr Flatterband. Was ich nicht sah, war ein klar auszumachender Weg. Ich fuhr langsam die Rampe herunter und orientierte mich an den noch nicht allzu deutlichen, aber doch vorhandenen Spuren meiner Vorfahrer. Rechts, gleich wieder links, über einen Baumstamm (über den man durchaus auch fahren konnte, wenn man denn konnte, also nicht ich). Nachdem ich das Rad über den Stamm gehievt hatte, schaute ich mich um. In ein paar Metern Entfernung steckte gerade ein Fahrer in einem ebenso kurzen wie steilen und tiefsandigen Anstieg fest. Er stieg ab, schob sein Rad hoch, fuhr 5 Meter weiter hinten wieder runter und probierte sich erneut an der Rampe. Ich schaute fasziniert zu. Es ist doch erstaunlich, wie professionell manche Leute an solch ein Rennen herangehen, Spaß hin oder her. Damit will ich nicht sagen, dass ich während der ganzen Rennserie auch nur einen verbohrten, übereifrigen Stock-im-Arsch-Typen getroffen hätte, wie man sie bei Straßenrennen ja immer gerne mal trifft. Ganz im Gegenteil. Aber auch ein nicht registriertes Spaßrennen will gewonnen werden und es sind eben solche Leute, die beim Rennen von hinten rufen („Achtung, rechts!“), weil sie dich zum zweiten Mal überrunden wollen (denen man natürlich ausweicht, man will ja kein Hindernis sein). Von solchen Leuten kann man viel lernen. Zum Beispiel, wie man eine kurze, giftige, tiefsandige Rampe hochkommt.

Nachdem ich eine Weile zugeschaut hatte, wartete ich einen günstigen Moment ab und fuhr die Rampe hoch. Naja, fast hoch. Ohne Einzelheiten verraten zu wollen, ich bekam meine Füße gerade noch rechtzeitig aus den Pedalen, um Schlimmeres zu verhindern. Ich entschied, diesen Teil im Rennen laufend zu überwinden (was an meiner Gesamtplatzierung letzten Endes nicht viel änderte).

Kaum war ich oben aufgestiegen und losgefahren, als ich auch schon wieder zum stehen kam. Es ging ein wenig bergab und in eine sandige Linkskurve hinein. Unmittelbar (und ich meine unmittelbar!) dahinter schloss sich eine scharfe Rechtskurve an, was ich aber nicht sah, da ich mich darauf konzentrierte, die Sandspur zu halten. Aus dieser Aktion konnte ich zwei Dinge lernen: Dass meine Scheibenbremsen sehr gut funktionieren und dass Flatterband doch dehnbarer ist, als ich dachte.

Was noch auf der Strecke lag, war eine ziemlich scharfe und abschüssige Rechtskehre (natürlich sandig) und eine lange gerade Highspeed- bzw. Erholungs-Passage (natürlich mit ein paar Sandstücken hier und da). Dann war ich schon wieder an einer Steigung angekommen, von deren Fuß aus das Rennen starten sollte.
Ich durchfuhr die Strecke noch ein paar Mal in dem verzweifelten Versuch, mich mit den Hindernissen bekannt zu machen. Dieser Tag war aber anscheinend nicht meiner und würde es wohl auch nicht mehr werden, das stand fest. Ich spielte zum ersten Mal mit dem Gedanken, einfach nicht zu starten, sondern nur zu fotografieren.

Die Hürden. Immer beliebt.

Das Rennen.

Ich verwarf den Gedanken, nicht zu starten, letzten Endes doch wieder und überlegte, was ich sonst noch an Positivem mitnehmen konnte. Meine Form und Fahrtechnik würden (wieder mal) nur für einen der hinteren Plätze ausreichen. Um vorne zu landen, hätte ich die Räder ziemlich vieler Starter manipulieren müssen, und dazu fehlten mir sowohl Gelegenheit als auch Zeit (als auch die mentale Einstellung natürlich).

Ich stellte mich also am Startpunkt auf, ziemlich weit hinten, wohl wissend, dass ich so für möglichst wenige Leute zum Hindernis werden würde, und beschloss einfach, das Beste daraus zu machen. Ich fuhr hinter anderen Fahrern her, schaute mir deren Fahrtechnik an (Wie kommen die durch den Sand? Wie nehmen die die Kurven? Warum sieht das bei denen alles so elegant aus? usw.) und versuchte sie nachzuahmen, wenn es mir ratsam erschien. So gelang es mir zum Beispiel, die Sandpassagen auf dem letzten geraden Teilstück mit der Zeit immer besser und schneller zu nehmen.

In der siebten oder achten Runde hielt ich bei den Hürden kurz an und nutzte die Gelegenheit, die Podiumskämpfer durchzulassen und einen Schluck aus der mir dargebotenen Bierflasche zu nehmen.

Irgendwann nach etwa 40 Minuten war das Rennen dann vorbei. Das verwunderte mich, denn beim Start war noch die Rede von 45-60 Minuten gewesen. Später hörte ich Gerüchte, dass die Organisatoren Probleme mit der Rundenzählung und Platzierung hatten und das Rennen beendeten, bevor es vollends unübersichtlich wurde. Aber dies sind wie gesagt nur Gerüchte, ich will hier niemandem fehlende Übersicht unterstellen.

Verwirrender, als es aussieht.

Steiler und schwieriger, als es aussieht. Und sandiger.

So sieht's aus, wenn man's kann.

Sand.

Ende gut – alles gut.

Wenn während der letzten Sätze der Eindruck entstanden sein sollte, dass ich nicht mit vollem Einsatz unterwegs gewesen wäre: Dem ist ganz und gar nicht so. Ich war am Ende des Rennens ebenso fix und fertig wie in den Rennen zuvor. Glücklicherweise hatten die Organisatoren von veloheld auch an das leibliche Wohl gedacht. Wahrscheinlich mit Blick auf die von weiter her angereisten Teilnehmer gab es dieses Mal nicht nur starkes Bockbier, sondern auch freundliches Radler zu trinken.

Ich überbrückte die Zeit bis zur Preisverleihung für ein nettes Gespräch mit einem anderen Teilnehmer, an dessen Rad ich ebenfalls Retroshift-Schalthebel entdeckt hatte. Wir fachsimpelten eine Weile, er erzählte mir ein wenig von den Schwierigkeiten, ein Fahrradrennen zu organisieren (er hatte den zweiten Lauf der Serie mitorganisiert). wie das so ist mit netten Zeitgenossen: Die Zeit verging wie im Flug und auf einmal war Siegerehrung.

Zunächst wurde der Tages-, dann die Gesamtsieger gewählt. Bei den Damen war die Sache schnell klar, denn es hatte nur einen einzigen weiblichen Teilnehmer gegeben. Auch in der Herrenwertung gab es keine großen Überraschungen. Wer bei drei Rennen jedesmal auf dem Podium steht, der ist nun mal ein Kandidat für den Gesamtsieg. Die genaue Rangfolge und die Namen könnt ihr bei veloheld nachlesen.

Spannend wurde es hinterher noch einmal: Die Verlosung der Sponsorenpreise stand auf dem Programm. Bis jetzt war ich jedes Mal leer ausgegangen. Sollte das Glück vielleicht dieses Mal auf meiner Seite sein?

Um es kurz zu machen: ja. Die Nummer 17 wurde gezogen, mein Name aufgerufen. Ich ging nach vorn und bekam unter Applaus meinen Preis überreicht: eine Dose Rapha Winter Embrocation! Wie geil ist das denn? Im Gegensatz zu so einem stinkigen Pokal wärmt diese Salbe wenigstens…

Manche Leute hinterlassen Spuren.

Solche Leute zum Beispiel.

Noch mehr Sand.

 
 
 
 

Fachsimpeln nach dem Rennen.

Ich glaub ich muss so eins haben.

Heiter bis wolkig – die Aussichten.

Das war sie nun, die Querfeldeinserie von veloheld. Mir bleibt zu sagen: Danke an die Ausrichter, danke an die Sponsoren! Es hat sich gelohnt, aus Halle nach Dresden zu reisen. Für jedes einzelne Rennen. Ich habe mich lediglich ein Mal geärgert: Auf dem Heimweg vom letzten Rennen, als mir aufging, dass veloheld das geile Fatbike wohl zu Testzwecken mitgeschleppt hatte und ich sicher eine Proberunde hätte drehen können. Wenn ich denn gefragt hätte.

Darüber hinaus nehme ich folgende Dinge mit:

  • Fahrtechnik ist, abgesehen von purer Kraft, beim Querfeldeinradsport immens wichtig.
  • Es reicht nicht aus, wenn man mal bei Youtube gesehen hat, wie man in vollem Galopp auf ein Rad springt. Man sollte das schon ein paar Mal erfolgreich geübt haben.
  • Kraft in den Beinen kann man beim Cyclocross nur durch eines ersetzen: Noch mehr Kraft in den Beinen. Ähnliches gilt für die Fahrtechnik.
  • Ein gut gewartetes und funktionierendes Rad ist wichtig. Ich habe über die drei Rennen verteilt schon recht viele Defekte gesehen. Manche davon auch schon vor dem offiziellen Start.
  • Cyclocross ist das Geilste, was man sich im Wettkampfsport antun kann.
  • Hinfallen auf Waldboden oder Sand tut nicht weh. Zumindest nicht sehr.
  • Habe ich schon das mit der Fahrtechnik erwähnt?

Wie geht es nun weiter? Eines steht jedenfalls fest: Ich will mehr davon. Ich hatte überlegt, in der nächsten Saison bei der Bioracer Cyclocross Challenge zu starten, aber diesen Plan schiebe ich auf 2016, wenn ich der Familie wieder mehr fehlende Wochenenden zumuten kann (2014 und 2015 geht doch ziemlich viel Zeit für’s RAAM drauf). Wohl aber werde ich wieder beim veloheld ccc starten, falls es einen gibt. Angekündigt ist jedenfalls einer.

Für mich heißt es von daher: üben. Trainieren. Denn in der nächsten Saison, das habe ich mir fest vorgenommen, steht llama racing nicht mehr unter Platz 14 („alle anderen“), sondern zumindest namentlich erwähnt. Drückt mir die Daumen!

Herzlichen Glückwunsch!

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